Im
Rahmen der Euroforum-Konferenz "Risikomanagement mit Energie-
und Wetterderivaten - Termingeschäfte im Energiehandel", die
kürzlich in Düsseldorf stattfand, gab Hans Esser von
FinanzTrainer.com, Risk Management Training und Consulting,
Grevenbroich, Auskunft über die Zukunft dieser Handelsform.
strom
magazin: Herr Esser, Sie hatten den Vorsitz dieser Konferenz.
Wie war das Interesse an einer doch recht speziellen Thematik?
Hans
Esser: Die Veranstaltung war sehr gut besucht - mit fast 50
Teilnehmern erheblich besser als die vier bis fünf
Veranstaltungen vergleichbarer Thematik im Energiehandel, zu denen
ich im letzten Jahr als Referent eingeladen war. Die Bedeutung wächst
weiter.
strom
magazin: Was tut sich bei den Energiederivaten in Deutschland
und warum kann man noch immer keine Stromfutures an EEX oder LPX
handeln?
Hans
Esser: Gute Frage, man hat sich hier nicht mit Ruhm
bekleckert. Der Handelsstart war schon mehrfach angekündigt,
zuletzt erst Ende Oktober. Schließlich sagte die EEX den Start für
Dezember an, doch der Termin wurde insgesamt schon mehrfach
verschoben. Dies hat auch bei den Teilnehmern wenig Begeisterung
ausgelöst. Dagegen haben internetbasierte Handelsplattformen
bereits gigantische Umsatzzahlen, wie z. B. ENRONonline. Hier
werden sogar bereits 10 Prozent des Umsatzes in Optionen
gehandelt, die bei den Börsen noch in der Planungsschublade
stecken.
strom
magazin: Woran hapert es bei den Börsen? Was ist der Grund für
die Verschiebungen?
Hans
Esser: Ein großes Problem ist die Veröffentlichung des
Bundesaufsichtsamtes für das Kreditwesens im Herbst des letzten
Jahres. Das hat den Terminbörsen kurzfristig einen Großteil der
potenziellen Kunden entzogen und ohne Kunden gibt es nun mal keine
Liquidität.
strom
magazin: Damit hat die Behörde auch sehr spät reagiert...
Hans
Esser: Nein, das sehe ich nicht so. Man hätte wissen können
und müssen, dass hier was passieren wird. Terminhandel, Derivate
und Hedging sind nicht neu und hier kann nicht jeder machen was er
will - schon gar nicht in Deutschland. Dies ist im Interesse aller
Marktteilnehmer auch gut so. Das Thema ist von den Terminbörsen
lange verharmlost worden und jetzt ist das Kind in den Brunnen
gefallen.
strom
magazin: Welche Probleme haben Unternehmen bei der Erfüllung
der Vorschriften?
Hans
Esser: Es gibt zwei Kriterien: Eigenkapital und Know-how.
Eigenkapital ist zumindest für die großen, etablierten EVU kein
Problem - hingegen für einige Newcomer schon. Beim Punkt
Know-how, d. h. Mitarbeiterschulung für den Bereich
Stromterminhandel, sieht es durchgehend schlechter aus. Man benötigt
mehr Finanzmarktwissen. Demzufolge liegt hier auch eindeutig der
Schwerpunkt und nicht mehr so sehr auf der Stromseite. Diese
Tatsache zeigte sich auch beim Background der Referenten auf der
Konferenz. Allein fünf Referenten des ersten Tages waren
ausgebildete Bankkaufleute. Und die Terminbörsen planen jetzt
beide die rein finanzielle Abrechnung ihrer Konkrakte und keine
physische Lieferung mehr.
strom
magazin: Der zweite große Programmpunkt waren die
Wetterderivate und das Wetterrisikomanagement - was tut sich bei
diesem Thema?
Hans
Esser: International wächst der Markt rasant und dies nicht
nur in den USA, sondern auch in Europa. Nehmen Sie nur die
Beispiele Skandinavien und Großbritannien. Das Handelsvolumen bei
ENRON in diesem Bereich hat sich im letzten halben Jahr
verachtfacht. Nur Deutschland ist in dieser Beziehung noch ein
Entwicklungsland. Als Vorsitzender hatte ich die Gelegenheit, die
Teilnehmer sowohl am Anfang als auch am Ende nach deren Meinung zu
diesem Thema zu befragen. Die erste Frage lautete: Wer ist überzeugt
vom sinnvollen Einsatz von Energiederivaten im EVU? Am Anfang der
Veranstaltung waren es etwa. 80 Prozent und am Ende fast 100
Prozent der Teilnehmer. Die zweite Frage war: Wer ist vom
sinnvollen Einsatz von Wetterderivaten im EVU überzeugt? Am
Anfang der Veranstaltung waren nur etwa 25 Prozent und am Ende
schon etwa 90 Prozent von einem sinnvollen Einsatz überzeugt. Man
sieht, dass die Meinung bei den Wetterderivaten umgeschlagen ist,
sobald die Teilnehmer mit konkreten Informationen beliefert worden
waren. Dies war auch mein persönliches Ziel für die Konferenz
und ich bin mit dem Resultat sehr zufrieden.
strom
magazin: Aber ist dieses Thema nicht nur für die großen EVU
von Interesse?
Hans
Esser: Nein, für kleinere und mittlere Unternehmen ist es
sogar einfacher umzusetzen, da diese ihr Wetterproblem, das für
sie existenzbedrohend sein kann, besser analysieren können.
Interessant ist, dass sich dabei neue Produkte für den Endkunden
entwickeln, die andere Vorteile haben als nur einen niedrigen
Preis. Z. B. "fixed price contracts", bei denen sie
ihren Kunden unabhängig von der Nachfragemenge einen Festpreis
garantieren. Dieser hat dadurch eine feste Kalkulationsbasis und
sie sichern sich hier mit Wetterderivaten gegen Mehrbedarf ab.
Daneben hat natürlich ihr Vertrieb ein weiteres Verkaufsargument
und sie haben evtl. einen neuen Kunden gewonnen.
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